Dr. Ursula Koch – neue fmc Präsidentin

Informationen zu Frau Koch und ihren Vorstellungen zur Weiterentwicklung des fmc.

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Fragen an Ursula Koch, fmc Präsidentin

Du könntest Dich in ganz vielen Bereichen engagieren, wieso beim fmc?

Ich interessiere und engagiere mich seit Jahren für eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung, und zwar aus sehr unterschiedlichen Perspektiven (u.a. Wissenschaft, Behörde, NGO, Patienten). Insbesondere mein Aufenthalt in den USA und das Kennenlernen der vielen innovativen Versorgungsmodelle, die dort entwickelt wurden, hat mich sehr beeindruckt und geprägt. Ich war begeistert vom Antrieb einzelner Vorreiter voraus zu denken und vom Bekenntnis komplexer Organisationen zur ständigen Verbesserung. Ich versuche seither, diese Erfahrungen in meine Arbeit und in das Schweizer Gesundheitssystem einzubringen. Wo kann man dies besser tun als im Rahmen eines Think Tanks?

Was erwartest du von einer Fachperson bzw. einer Institution bezüglich Vernetzung, Koordination und Kooperation?

Wünschenswert wäre ein ganzheitliches Verständnis von Gesundheit, welches nicht nur die medizinischen Parameter betrachtet, sondern auch die psychischen und sozialen Aspekte berücksichtigt. Wir brauchen mehr interprofessionelle Zusammenarbeit, welche es erlaubt, die verschiedenen Kompetenzen der Gesundheitsfachpersonen gewinnbringend einzubringen und Dienstleistungen über den ganzen Patientenpfad (auch sektorenübergreifend) so zu vernetzen, dass der grösstmögliche Patientennutzen erzielt werden kann.

Das fmc setzt sich seit gut 20 Jahren für mehr Vernetzung und Koordination in der Gesundheitsversorgung ein. Trotzdem ist die fragmentierte Versorgung immer noch die Regel. Was macht das fmc falsch?

Das fmc hat viel bewirkt! Es ist aus der Managed Care Bewegung entstanden und hat insbesondere die koordinierte ambulante Versorgung positiv beeinflusst. Heute ist der Grossteil der Bevölkerung in einem alternativen Vertragsmodell, z.B. einem Ärztenetzwerk versichert. Seit damals hat sich die integrierte Versorgung stark weiterentwickelt und eine Studie des fmc zeigt, dass es 2016 bereits über 155 integrierte Versorgungsmodelle gab. Die Schwierigkeit ist jedoch, dass wir uns über die theoretischen Modelle schnell einig sind, die Implementierung in die Praxis aber enorm schwierig ist. Dazu kommt, dass es nicht ein einziges «richtiges Modell» gibt, da die Kontextfaktoren sich immer unterscheiden. Letztlich erschweren kulturelle und organisatorische Herausforderungen sowie unterschiedliche Finanzierungssysteme die Umsetzung in den Praxisalltag. Das fmc hat in den letzten Jahren viel zum Austausch und der Bekanntmachung guter Modelle beigetragen, umsetzen müssen es jedoch die Akteure selbst.

Was stimmt dich zuversichtlich, dass die Integration in den nächsten zehn Jahren substanziell vorankommt?

Die Zeichen stehen gut. Das Thema ist angekommen und unterdessen fester Bestandteil der gesundheitspolitischen Ziele (z.B. Strategie Gesundheit 2020/2030, GDK Leitfaden integrierte Versorgung). Dazu kommt, dass sich auch die Evidenzlage verbessert hat. So zeigen Studien, dass eine integrierte Versorgung zu einer bedürfnisgerechten, effektiven, effizienten und qualitativ hochstehenden Versorgung beiträgt. Auch haben die praktischen Erfahrungen in der Umsetzung neuer integrierter Modelle zugenommen. Dazu kommt, dass die Digitalisierung (wenn gewisse technische und kulturelle Hürden überwunden sind) eine interprofessionelle und vernetzte Zusammenarbeit hoffentlich erleichtern wird.

Was trägt das fmc mit dir als neuer Präsidentin dazu bei?

Wir wollen unsere Rolle als Thinktank sowie als Vernetzungspartner stärken und mit Denkanstössen und Anlässen Impulse zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung setzen und zum Austausch zwischen den Professionen beitragen. Dabei wollen wir uns thematisch den Entwicklungen anpassen und uns stärker mit den Auswirkungen von gesundheitspolitischen Massnahmen sowie mit Fragen der erfolgreichen Implementierung auseinandersetzen. Wir wollen unsere bewährten Produkte, wie das Magazin «Denkstoff» und das Symposium weiterführen und gezielt durch neue Formate, wie z.B. digitale Hintergrundgespräche, Discussion Dinners oder Journalclubs ergänzen. Letztlich ist es aber auch wichtig, dass wir den Mitgliedern des fmc die Möglichkeit bieten, Good Practice-Modelle aus der Schweiz oder aus dem Ausland kennen zu lernen.

Zum Schluss noch deine Meinung zu folgenden Gedanken:

Daniel Scheidegger ehemaliger Präsident der SAMW: «Wenn wir als Team zusammenarbeiten, müssen wir auch als Team bezahlt werden.»

Jeder Leistungsbringer, jede Gesundheitsfachperson trägt seinen Teil zu einer wirksamen Behandlung bei. Dabei wird eine Behandlung jedoch erst dann optimal, wenn die einzelnen Akteure als Team funktionieren, Absprachen treffen, sich ergänzen und ihre Leistungen gut verzahnen. Diese Teamarbeit gilt es zu valorisieren, da gehe ich mit Herrn Scheidegger einig.

Volker Amelung, Präsident des Bundesverbandes Managed Care: «Es braucht einen Gesundheitscampus, auf dem Mediziner, Apotheker, Gesundheitsökonomen, Pflegekräfte und alle anderen Health Care Professionals gemeinsam ausgebildet werden und gemeinsam Partys feiern.»

Völlig einverstanden. Zusammenarbeit will geübt sein und braucht auch Vertrauen in und Kenntnisse der Kompetenzen des andern. Mit der aktuell isolierten und spezialisierten Ausbildung, eignet man sich zwar die fachlichen Kenntnisse an, lernt jedoch nicht wie man als Team zusammenarbeitet und wer welche Kompetenzen und Stärken hat.

Gerhard Kocher, Autor «Vorsicht, Medizin! 1555 Aphorismen und Denkanstösse»: «Wichtiger als das Gespräch Patient-Arzt ist das Gespräch unter Patienten.»

Spannender Gedanke, gerade wenn man an die e-Patient Bewegung denkt. Patient/innen sind ja letztlich „Expert/innen ihrer Erkrankung“, und zwar aus eigener Erfahrung. Eine Erkrankung führt häufig zu diversen alltagspraktischen Einschränkungen. Daher gibt es viele Fragen rund um das „Leben mit einer Erkrankung“, die Menschen mit einer ähnlichen Erkrankung besser beantworten können. Zudem kann der Austausch mit einem „Peer“ psychisch sehr entlastend sein. Ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Gespräch ist aber genauso wichtig, solange die Kommunikation stimmt.

Zur Person:

Ursula Koch, PhD, FSP Gesundheitspsychologie kennt das Gesundheitssystem aus Praxis, Wissenschaft und Politik. Sie war in den letzten 13 Jahren in diversen Führungspositionen im Gesundheitswesen tätig, u.a. als Leiterin des Programms Psychische Gesundheit im Kanton Zug, als Abteilungsleiterin «Nicht übertragbare Erkrankungen» beim Bundesamt für Gesundheit sowie als Geschäftsleitungsmitglied bei der Krebsliga Schweiz. Daneben hat sie einen PhD in Versorgungsforschung und das «Harkness Fellowship in health care policy and practice» an der Harvard Medical School (USA) absolviert. In ihren Positionen und Ämtern (u.a. als Vorstandsmitglied der SGGP) engagiert sie sich seit Jahren für eine patientenorientierte Versorgung und Weiterentwicklung des Gesundheitswesens.

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